Mittwoch, 26. März 2008

Die frohe Botschaft: Kirchenkritiker konserviert für die Ewigkeit

Es sollte eine mathematische Formel geben, mit der man ermitteln kann, in welchen Rhythmen bestimmte Themen zum "Spiegel"-Titel werden: Hitler, Heuschrecken, Weltuntergang, der böse Ami, Generation soundso. Nichts zum Vorausberechnen gibt es aber, wenn christliche Feste anstehen, dann richtet sich das "Sturmgeschütz der Demokratie" verlässlich auf Jesus, Paulus und Co.

Die vergangene Osterausgabe des "Spiegel" titelte "Als Jesus noch ein Guru war", Verfasser ist Matthias Schulz, der sich 2006 mit seinem Weihnachtskracher "Das Testament des Pharao" (pdf) über die Entstehung des Monotheismus und das Gewaltpotenzial der jüdischen Religion gehörig in den Dornenstrauch gesetzt hatte. Von Antijudaismus bis Antisemitismus gingen damals die Vorwürfe.

Den Headquarters of Crocodiles kam nun aus Medien-Insiderkreisen zu Ohren, dass Rudolf Augstein immer noch den Ton angibt, wenn turnusmäßig die Urchristen beim Hamburger Nachrichtenmagazin ans Kreuz der Kritik geschlagen werden.

Eingefroren wie der Raumschiff-Kommandant in John Carpenters Low-Budget-Späßchen "Dark Star" (Trailer) liegt der "Spiegel"-Gründer in einem geheimen Trakt des "Spiegel"-Gebäudes tief unter der Erde. Wenn das Thema ansteht, muss ein leitender Redakteur sich dorthin begeben, durch endlose, von flackerndem Neonlicht beleuchtete Gänge schreiten und durch unzählige Schleusen steigen, bis er beim Kühlraum angelangt ist, Augsteins Bereitschaftszimmer für die Ewigkeit.

Nach der Eingabe eines Zahlencodes öffnet sich eine Klappe in der Wand, und Augsteins weißblau gefrorenes Gesicht kommt zum Vorschein. Unter den Eiskristallen regt sich nichts, aber über einen Lautsprecher kann der Redakteur zunächst ein Knistern vernehmen und später eine metallisch klingende, krächzende Stimme: "Es ist so kalt hier, so entsetzlich kalt ..."

Der Redakteur, der die Klagelaute nicht zum ersten Mal hört, unterbricht bald den Sermon: "Ja, schon klar, Herr Augstein, was mich aber auch interessieren würde: Nehmen Sie einmal an, Sie wären noch am Leben, was würde Ihnen dann für eine Jesus-Titelgeschichte einfallen?"

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